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Dec 2022

GIS-Analyse am Beispiel der Thematik Papier & Holzgewinnung Teil 1

Während der Hochphasen der Corona-Pandemie boomte der Warenversand angetrieben vom rasanten Wachstum der Online-Versandhändler. Dies verstärkte den bereits zuvor bestehenden Trend der Produktionsausweitung von Verpackungsmaterialien aus Papier und Kartonage. Zusätzlich hat die zur selben Zeit ebenfalls massiv gestiegene Nachfrage an Bauhölzern vor allem in den USA im Jahr 2021 zu einer extremen Erhöhung der gehandelten Holzpreise und damit zusammen mit der Produktionssteigerung bei holzbasierten Verpackungsmaterialien nachgelagert zu einer starken Verfügbarkeitsreduktion von Druckerzeugnissen aus Papier geführt. Dies nehmen wir zum Anlass im Rahmen der vorliegenden Blogserie das Thema Papier sowie dessen Grundstoff Holz näher zu betrachten. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität des Themas richten wir unser Augenmerk im ersten Teil zunächst auf die Grundlagen – Die Holzgewinnung und Holzwirtschaft – bevor wir uns im zweiten Teil der Serie näher mit Papier und dessen Verwendungsmöglichkeiten auseinandersetzen.

Forst- und Holzwirtschaft – Zwischen Monokultur und Nachhaltigkeit

Wirtschaftswälder in den gemäßigten Breiten sind aktuell oft noch Nadelbaum-Monokulturen. „Die aktuelle Tendenz in der modernen Forstwirtschaft ist die Umstellung von Holz produzierenden Monokulturen mit z.T. standortfremden Baumarten zu Wäldern, deren Struktur den natürlichen ökologischen Verhältnissen möglichst nahe kommt.“ 1 Dieser großflächige Waldumbau wird durch die zunehmend immer deutlich sichtbareren Folgen des Klimawandels, zu denen eine Häufung von extremen Wettereignissen, ausgeprägtere Hitze-, Trocken- und Regenperioden sowie der Verlust von Biodiversität zählen, umso dringender. Bei der Transformation von einer kohlenstoffbasierten fossilen Wirtschaft hin zu einer sich selbst tragenden Bioökonomie „spielt die Forst- und Holzwirtschaft für den Klimaschutz wegen der Vermeidungs- und Senkenleistung hinsichtlich Treibhausgase eine herausragende Rolle.“2 Im Zuge dessen lohnt es sich den in anderem Kontext vielfach überstrapazierten Begriff der Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang wieder verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Begriff der Nachhaltigkeit hat eine lange Entstehungsgeschichte und prägt seit den in den 1970er Jahren vom Club of Rome propagierten „Grenzen des Wachstums“ in starkem Maße die öffentliche, ökonomische und wissenschaftliche Debatte. Historisch verknüpft ist der Begriff mit der Forstwirtschaft. „Die Übernutzung der Wälder führte im 18. Jahrhundert zu einer Versorgungskrise beim Rohstoff Holz. Der Sächsische Oberberghauptmann von Carlowitz propagierte 1713 als Gegenmaßnahme „nachhaltiges Wirtschaften“. Es sollte nur so viel Holz entnommen werden, wie zu ersetzten war.“ 3 Die planmäßige Bewirtschaftung von Wäldern und anderen Bioressourcen wurde damit gezielt angestoßen und im Forstwesen seitdem praktiziert.

Europa im Fokus – Schwerpunkte der Holzwirtschaft in EU + UK

Europakarte

Mit einem Anteil der forstwirtschaftlich genutzten Fläche von über 50% im Verhältnis zur gesamten Landesfläche stechen vor allem die skandinavischen Länder Finnland (~ 62,5%) und Schweden (~ 56,5%), Slowenien (~ 60%) sowie die baltische Staaten Estland (~ 56%) und Lettland (~ 51,5%) im Vergleich zum EU+UK-Durchschnittswert von ca. 32% auf Datenbasis des Europäischen Statistikamts EUROSTAT deutlich heraus. Deutschland liegt mit 30,5 % leicht unter dem Durchschnitt im Mittelfeld der EU-Länder, während Irland (~ 9%), das Vereinigte Königreich und die Niederlande (jeweils ~ 8,5%), Zypern (~ 6%) sowie Malta mit 0% die Schlusslichter bilden. Dabei gibt es innerhalb der größeren mittel- und südeuropäischen Mitgliedsstaaten zum Teil erhebliche Gefälle zwischen den einzelnen Regionen (in der Karte auf Basis vereinheitlichter NUTS-2 Regionen dargestellt). Besonders sichtbar ist dies im Falle von Italien, einem Land mit insgesamt unterdurchschnittlichem Anteil der forstwirtschaftlichen Fläche an der gesamten Landesfläche nachvollzogen werden: Während in der Region Mittelitalien rund um die Hauptstadt Rom der Anteil bei über 30 Prozent liegt, befindet er sich auf Sardinien und Sizilien bei unter 10 Prozent.

Entsprechend der beschriebenen, in der Karte abgebildeten forstwirtschaftlich genutzten Flächenanteile skaliert die Bedeutung der Holzwirtschaft in den europäischen Ländern von nichtexistent auf Malta bis zum bedeutenden Wirtschaftszweig in den skandinavischen und baltischen Staaten. Insgesamt wurden in der EU 2018 141 Mrd. Euro von der Holzverarbeitenden Industrie umgesetzt.9

Deutschlands wichtigster Rohstoff - Holz

Holzverbrauch

 

Faserholzeinsatz

Holzstoffeinsatz

Da wir bereits einen Blick in die Holzwirtschaft Europas geworfen haben, fokussieren wir uns in diesem Abschnitt auf die deutsche Holzwirtschaft. Als Rohstoff ist Holz weiterhin sehr gefragt. Egal ob als Baumaterial, Brennstoff oder für die Papierproduktion - Holz ist in unserem Alltag nahezu unabdingbar. Um den jährlichen Bedarf an Holz zu stillen, wird zur Gewinnung viel Waldfläche benötigt. Im Jahr 2016 wurden durchschnittlich ca. 125 Millionen m³ Holz verbraucht.4 Davon wurde fast die Hälfte (ca. 52 Millionen m³) in Deutschland selbst gefällt.5 Genutzt wird hauptsächlich Nadelholz, welches anschließend von der Holz- und Sägeindustrie zu Schnittholz für Baumaterialien verarbeitet wird. Deren Umsatz liegt aktuell bei 6,5 Mrd. Euro.6

Abgesehen von der Sägeindustrie wird das Basismaterial Holz zum Beispiel auch in der Papierindustrie verwendet. Interessant hierbei ist die Gesamtholzmenge, welche hierfür benötigt wird. Knapp 7 % des gesamten Holzverbrauchs wurde 2016 für die Papierproduktion verwendet. Im abgebildeten Diagramm zum Holzverbrauch lässt sich dies gut ablesen.4 Die Holzformen, die für die Papierproduktion benötigt werden, sind in zwei zusätzlichen Diagrammen dargestellt. Vor allem der Faserholzeinsatz ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Die Bezugseinheit ist hierbei die Einheit Festmeter (*fm), was einen Kubikmeter fester Holzmasse entspricht. Um Faserholz herstellen zu können, werden verschiedene Verfahren angewandt. Als Rohstoffe werden hauptsächlich Rundhölzer (ca. 5,5 Millionen Festmeter im Jahr 2021) sowie Sägenebenprodukte (ca. 3,5 Millionen Festmeter im Jahr 2021) verwendet.7

Bei der Faserholzherstellung gibt es grundsätzlich zwei Verfahrensarten, mechanische und chemische Verfahren. Wird ein mechanisches Verfahren angewandt spricht man von Holzstoff, bei den chemischen Verfahren verwendet man den Begriff Zellstoff. Bei Holzstoff sind zusätzliche Differenzierungen zu beachten. Holzschliff entsteht bei einem vollkommen mechanischen Vorgang, wobei TMP unter Vorbehandlung mit thermischer Energie und CTMP bei zusätzlicher chemischer Energie produziert wird. Die Verteilung der Varianten der Holzstoffproduktion wird in Diagramm Holzstoffeinsatz in t deutlich, wobei der innere Kreis die Verteilung im Jahr 2020 und der Äußere im Jahr 2021 darstellt. Insgesamt wird deutlich, dass Holz in Deutschland sehr gefragt ist, auch in unerwarteten Bereichen.

Ist der deutsche Wald in Gefahr?

Animation

Legende

Zur Holzgewinnung benötigt man wie bereits dargestellt sehr große von der Holzwirtschaft bewirtschaftete Waldflächen. Sehr aufschlussreich hierbei ist die räumliche Verteilung von Waldflächen innerhalb Deutschlands sowie deren Größenveränderung über die Zeit. Zur Verdeutlichung dient die Animation Waldflächenentwicklung in Deutschland je Bundesland 1976 - 2007, welche die forstwirtschaftliche Waldflächenänderungen in Deutschland von 1976 bis 2007 darstellt. Wegen Veränderung und Anpassung der Berechnungsgrundlage sind Daten aus jüngeren Jahrgängen leider nicht mehr mit der 30-jährigen Spanne vergleichbar. Aus diesem Grund endet die Animation im Jahr 2007. In der GIF-Animation ist bezogen auf das jeweilige Jahr x die Differenz zwischen dem forstwirtschaftlich-bewirtschafteten Waldflächenanteil des jeweiligen Bundeslandes und dem durchschnittlichen forstwirtschaftlich-bewirtschafteten Waldflächenanteil Gesamtdeutschlands dargestellt. Konkret bedeutet dies unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesamtfläche eines Bundeslandes, dass ein Bundesland wie Hessen 16% mehr forstwirtschaftlich-bewirtschaftete Waldfläche besitzt als der Bundesdurchschnitt zu diesem Zeitpunkt. Um den Unterschied plastisch noch deutlicher vor Augen zu führen, wurde die forstwirtschaftliche Waldfläche jedes Bundeslandes auf Hexagone umgerechnet. Diese Fläche wird dreidimensional als Höhe abgebildet, um die forstwirtschaftliche Waldflächenverteilung noch besser darstellen zu können. Die fehlende Darstellung der östlichen Bundesländer bis 1994 ist auf fehlende vergleichbare Daten in der ehemaligen DDR zurückzuführen. Ab 1994 sind die Daten lückenlos für ganz Deutschland verfügbar. Bei der Animation ist zu erkennen, dass die nördlichen Bundesländer deutlich weniger forstwirtschaftlich-bewirtschaftet Waldfläche haben als die südlichen Bundesländer. Hessen sticht mit einem besonders hohen Anteil an forstwirtschaftlich genutzter Waldfläche hervor.8

Holz – die Basis der Papierherstellung

Die Bedeutung resilienter, zukunftsfähig aufgestellter Wälder in Deutschland und Europa kann im Zeitalter der globalen Erwärmung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Hierbei sollte das in der Forstwirtschaft früh postulierte Prinzip der Nachhaltigkeit kein Schlagwort bleiben, sondern das konkrete Handeln bestimmen. Im Artikel wurde versucht aufzuzeigen, welche Relevanz die Holzgewinnung und Holzwirtschaft für zahlreiche nachgeordnete Branchen besitzt. Die Regional sehr unterschiedliche Verteilung von bewirtschafteten Waldflächen in Deutschland und Europa steht in direkten Zusammenhang zur Bedeutung der Holz- und Forstwirtschaft in den einzelnen Regionen. Die sehr energieintensive Produktion des Papiergrundstoffes Zellulose konzentriert sich dementsprechend auf Regionen, die einerseits einen hohen Waldflächenanteil besitzen und andererseits über ausreichende Energiereserven aus erneuerbaren Energien z. B. Wasserkraft verfügen. Die vielseitigen Einsatzszenarien und Wiederverwertungsmöglichkeiten von Papier werden im nächsten Teil der Blogseite genauer unter die Lupe genommen.

[1] Steinecke, K., & Venzke, J. F. (2003). Wald und Forst heute. Leibniz-Institut für Länderkunde (Ed.), Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland. Klima, Pflanzen und Tierwelt. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 92-93.

[2] Wrede, V. (2020). Herkunft und ursprüngliche Bedeutung des Begriffs „Nachhaltigkeit “. In Bergbau gleich Raubbau? (pp. 29-51). Springer, Berlin, Heidelberg.

[3] Weber-Blaschke, G. (2019). Nachhaltige Forst-und Holzwirtschaft als Basis der Bioökonomie. In Rundgespräche Forum Ökologie Bd (Vol. 48, pp. 31-46).

[4] Kompetenz- und Informationszentrum Wald und Holz (KIWUH) bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), Basisdaten Wald und Holz 2019, in kiwuh.de, Basisdaten Wald und Holz 2019 (fnr.de).

[5] Statistisches Bundesamt, Genesis-online, in gensis.destatis.de, Statistisches Bundesamt Deutschland - GENESIS-Online: Die Datenbank<br/>des Statistischen Bundesamtes (destatis.de), Tabelle: Holzeinschlag: Deutschland, Jahre, Holzartengruppen, letzter Zugriff 09.12.2022.

[6] Deutsche Säge- und Holzindustrie, Zahlen. Daten. Fakten., in saegeindustrie.de, DeSH | Säge- und Holzindustrie (saegeindustrie.de), letzter Zugriff 09.12.2022.

[7] Die Papierindustrie e. V. (2022). Statistiken zum Leistungsbericht Papier. Eigenveröffentlichung, Berlin.

[8] Statistische Bibliothek, Fachserie. 3, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei. Reihe 2, Betriebs-, Arbeits- und Einkommensverhältnisse. 1, Betriebe, Agrarstrukturerhebung. 1, Betriebe mit Waldflächen, In statistischebibliothek.de, https://www.statistischebibliothek.de/mir/receive/DESerie_mods_00000025.

[9] Statista Research Department (2022). Statistiken zur Forst- und Holzwirtschaft. In de.statista.com, Statistiken zur Forst- und Holzwirtschaft | Statista.



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