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7. August 2023

Amtliches Mitteilungsblatt – Wer braucht das heute noch?

Nastja Strasheim
7. August 2023
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Amtliches Mitteilungsblatt – Wer braucht das heute noch?

Natürlich kann ein amtliches Mitteilungsblatt uninteressant sein und handwerklich schlecht gemacht. Das ändert aber nichts daran, dass das Konzept an sich absolut zeitgemäß ist.
Autor
Nastja Strasheim
Datum
7. August 2023
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Amtliches Mitteilungsblatt – Wer braucht das heute noch?

Natürlich kann ein amtliches Mitteilungsblatt uninteressant sein und handwerklich schlecht gemacht. Das ändert aber nichts daran, dass das Konzept an sich absolut zeitgemäß ist.
Schließ­lich wür­de ja nie­mand sagen: „Ich habe neu­lich einen ganz schlech­ten und ungleich­mä­ßig gla­sier­ten Kuchen geges­sen, ich fin­de, das gan­ze Kon­zept ‚Kuchen‘ ist über­holt und unnötig“.

Der Ver­gleich mit einem Kuchen ist eigent­lich ziem­lich gut, denn es gibt per­fek­te, lecke­re Tor­ten vom Kon­di­tor, und es gibt haus­ge­ba­cke­ne Kuchen, die toll schme­cken, aber nicht per­fekt aus­se­hen. Bei­des hat sei­ne Daseins­be­rech­ti­gung, bei­des erfüllt sei­nen Zweck, vor allem in Rela­ti­on mit den ein­ge­setz­ten Mitteln.

Wozu ein Mitteilungsblatt?
Prin­zi­pi­ell ist das Mit­tei­lungs­blatt wich­tig, damit die Stadt- oder Gemein­de­ver­wal­tung ihre Infor­ma­ti­ons­pflicht gegen­über der Bevöl­ke­rung erfül­len kann. Es ist damit ein idea­les Medi­um für Ter­mi­ne und Tages­ord­nun­gen der Stadt­rats- oder Gemein­de­rats­sit­zun­gen, Beschlüs­se aus die­sen Sit­zun­gen, neue und geän­der­te Bebau­ungs­plä­ne, für Aus­schrei­bun­gen u.v.m. Die­se Infor­ma­tio­nen sind für die Bür­ger und die Unter­neh­men von gro­ßer Wichtigkeit.

Natür­lich kön­nen sich die Bür­ger alle die­se Infor­ma­tio­nen bei Bedarf und Inter­es­se auch aus der Tages­pres­se, ent­spre­chen­den ande­ren öffent­li­chen Publi­ka­tio­nen und dem Inter­net zusam­men­su­chen – mit Beto­nung auf „zusam­men­su­chen“. Das Mit­tei­lungs­blatt ist hier ein­fach ein prak­ti­sches und pro­ba­tes Medi­um, die­se Infor­ma­tio­nen, die ja sowie­so schon gebün­delt bei der Ver­wal­tung vor­lie­gen, eben­so gebün­delt herauszugeben.

Jetzt könn­ten Gemein­de und Städ­te natür­lich bei die­sen „tro­cke­nen“ Inhal­ten belas­sen. Aber wenn man schon ein­mal ein Mit­tei­lungs­blatt hat, wes­halb also die Bür­ger nicht wirk­lich umfas­send infor­mie­ren? Wes­halb nicht die Chan­cen nut­zen, die so eine regel­mä­ßig an alle Haus­hal­te ver­teil­te Publi­ka­ti­on bie­tet? Wes­halb das Mit­tei­lungs­blatt nicht zu einem Werk­zeug macht, das Ver­wal­tung, Bür­ger und Wirt­schaft mit­ein­an­der ver­bin­det? Wes­halb all die­se Mög­lich­kei­ten unge­nutzt las­sen, nur damit klei­ne Regio­nal­b­logs sich das „hyper­lo­cal“ auf die Fah­nen schrei­ben – und dann genau das machen, was ein gut gemach­tes Mit­tei­lungs­blatt auch kann?

Mit­tei­lungs­blatt mit Mehrwert:
Nicht jede Gemein­de hat die Mög­lich­keit, selbst ein pro­fes­sio­nell aus­se­hen­des Mit­tei­lungs­blatt zu pro­du­zie­ren, dass den heu­ti­gen Lese­ge­wohn­hei­ten und Ansprü­chen ans Design ent­spricht. Sie kann sich dann ent­we­der auf das Nötigs­te, sprich: den Inhalt, beschrän­ken, oder sie ver­gibt die Auf­ga­be an einen der zahl­rei­chen Ver­la­ge, die sich auf das Erstel­len von Mit­tei­lungs­blät­tern spe­zia­li­siert haben.

Abge­se­hen von pro­fes­sio­nel­len Gestal­tung und Pro­duk­ti­on über­neh­men die­se Ver­la­ge übli­cher­wei­se auch den Anzei­gen­ver­kauf. Sie spre­chen dabei gezielt Unter­neh­men an, die in der Regi­on zuhau­se sind und regio­nal agie­ren. Der Vor­teil für die Wer­be­trei­ben­den liegt auf der Hand: Sie bekom­men Zugang zu genau der Ziel­grup­pe, die sie anspre­chen wol­len, bei garan­tier­ter Auf­la­gen­hö­he und regel­mä­ßi­gem Erscheinen.

Wich­ti­ges und Interessantes:
Neben den offi­zi­el­len Ver­öf­fent­li­chun­gen und den Anzei­gen gehö­ren in ein Mit­tei­lungs­blatt auch grund­le­gen­de Infor­ma­tio­nen, die den Bür­gern wei­ter­hel­fen oder die ein­fach inter­es­sant und beliebt sind. Dazu gehö­ren beispielsweise:

  • Sprech­stun­den der ein­zel­nen Ein­rich­tun­gen wie Bür­ger­bü­ro, Mel­de­amt, Stan­des­amt usw.
  • Fund­sa­chen
  • Müll­ab­fuhr­ter­mi­ne (beson­ders wich­tig bei irre­gu­lä­ren Abfuhr­ter­mi­nen vor Feiertagen)
  • Got­tes­dienst­ter­mi­ne der ver­schie­de­nen Kon­fes­sio­nen und
  • Kir­chen­ge­mein­den
  • Geburts­ta­ge, vor allem für die höhe­ren Jahrgänge
  • ärzt­li­cher Notdienst
  • Apo­the­ken­not­dienst
  • Todes­fäl­le
  • Pro­be­alarm der Feuerwehrsirenen
  • VHS-Pro­gramm
  • Ver­an­stal­tungs­ter­mi­ne von Ver­eins­fei­ern, Orts­fes­ten, Kirch­wei­hen etc.
  • Berich­te über eben­sol­che Veranstaltungen
  • Infor­ma­tio­nen aus Nachbargemeinden

Die loka­len Tages­zei­tun­gen damp­fen ihre Redak­tio­nen immer mehr ein, so dass sich kaum noch jemand fin­det, der am Wochen­en­de das Fest zum 150. Jubi­lä­um des Schüt­zen­ver­eins besucht, oder der über die Aus­stel­lung des Klein­tier­züch­ter­ver­eins berich­tet. Das bedeu­tet aber nicht, dass die­se Ver­an­stal­tun­gen nicht inter­es­sant wären, oder für das sozia­le Leben einer Gemein­schaft kei­ne Rol­le spielen.
Im Mit­tei­lungs­blatt sind sol­che Berich­te gut auf­ge­ho­ben, denn sie kom­men so direkt bei dem beab­sich­tig­ten Publi­kum an. Gene­rell fin­den Ver­ei­ne hier eine gute Platt­form, um sich der All­ge­mein­heit zu prä­sen­tie­ren und viel­leicht neue Mit­glie­der zu gewinnen.

Das ist genau das, was mit dem Begriff „hyper­lo­cal“ gemeint ist: Eine eng umris­se­ne Gemein­schaft legt den Fokus auf sich selbst. Das Mit­tei­lungs­blatt tut dies haupt­säch­lich aus rein prak­ti­schen Erwä­gun­gen, sorgt so aber auch für eine enge­re Ver­flech­tung der Gemein­schafts­mit­glie­der unter­ein­an­der. Das passt sehr gut zu aktu­el­len Trends, etwa sich in der Gemein­schaft zu enga­gie­ren (bei­spiels­wei­se indem man Berich­te über den Klein­tier­züch­ter­ver­ein schreibt) oder auch loka­le Unter­neh­men zu bevor­zu­gen, von Hand­werks­be­trie­ben bis zu Hof­lä­den. So wird sich ein Stück weit auch den gefühl­ten Gefah­ren der Glo­ba­li­sie­rung entzogen.

Wie wich­tig ist das Design?
Natür­lich hat das Design eines Pro­duk­tes ent­schei­den­den Ein­fluss dar­auf, wie es wahr­ge­nom­men wird. Im Fal­le unse­res Mit­tei­lungs­blat­tes gehö­ren dazu das For­mat, das Papier, das Lay­out und Ele­men­te wie die gewähl­te Schrift­art, Farb- oder s/w‑Druck usw.
Ob und wie­viel Gewicht auf das Aus­se­hen des Mit­tei­lungs­blat­tes gelegt wird, ist in der Regel vor allem eine Kos­ten­fra­ge. Man­che Gemein­de ent­schließt sich viel­leicht dazu, auf jeg­li­chen der­ar­ti­gen „Schnick­schnack“ zu ver­zich­ten und ver­öf­fent­licht ein­fach nur die wich­tigs­ten Ter­mi­ne und Infor­ma­tio­nen. Das ist voll­kom­men legi­tim, schöpft aber das Poten­zi­al des Mit­tei­lungs­blat­tes nicht aus.
Vie­le der oben genann­ten Design-Ele­men­te sind letzt­end­lich rei­ne Geschmacks- und Kos­ten­fra­ge. Tat­säch­lich wich­tig sind Lay­out und Schrift­art. Bei­des kann ent­schei­dend zur Les­bar­keit der Tex­te und Infor­ma­tio­nen bei­tra­gen und unter­stützt somit die Funk­ti­on des Mitteilungsblattes.

Wes­halb nicht im Internet:
Die Fra­ge soll­te eher lau­ten: Wes­halb nur im Inter­net? Dass eine Gemein­de oder eine Stadt ein Mit­tei­lungs­blatt dru­cken und ver­tei­len lässt, bedeu­tet nicht, dass sie die Inhal­te nicht im Inter­net ver­öf­fent­li­chen darf oder soll. Im Gegen­teil, sie soll­te bei­des tun. Die Mög­lich­keit, sich das Mit­tei­lungs­blatt als PDF auf der Inter­net­sei­te der Stadt oder Gemein­de her­un­ter­zu­la­den, ist dabei sozu­sa­gen die Min­dest­mög­lich­keit. Noch bes­ser für die User wäre es, die Infor­ma­tio­nen auf einer eige­nen Sei­te, aber in eben­so gesam­mel­ter Form ein­se­hen zu kön­nen, und die­se Sei­te viel­leicht sogar gezielt durch­su­chen zu kön­nen – bei­spiels­wei­se nach den lei­di­gen Müllabfuhrterminen.

Dabei darf man aber nicht ver­ges­sen, dass nicht jeder Zugang zum Inter­net hat, und man­che Men­schen möch­ten ihre Infor­ma­tio­nen auch ein­fach nicht auf die­sen Weg bekom­men. Dem muss man als Her­aus­ge­ber eines Mit­tei­lungs­blatts Rech­nung tra­gen. Ganz prak­tisch gesagt: Ist es nicht für uns alle ein­fa­cher, im Not­fall einen Blick ins Mit­tei­lungs­blatt zu wer­fen, das wir ganz low tech an die Pinn­wand gehef­tet haben, als das Inter­net und Goog­le zu bemühen?

Fazit:
Gut gemach­te Mit­tei­lungs­blät­ter haben auch im Inter­net­zeit­al­ter ihre Berech­ti­gung und wer­den sie auch dau­er­haft behal­ten. Wich­tig ist, dass alle Facet­ten des loka­len Infor­ma­ti­ons­be­darfs abge­deckt wer­den. Mit­tei­lungs­blät­ter waren schon hyper­lo­cal, bevor hyper­lo­cal zum Mode­wort wurde.

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